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Offener Brief - Persönliche Erklärung zur Kürzung der Zuwendung für den Kinderbauernhof Pinke-Panke 2019


im Jugendhilfeausschuss am 4. Dezember 2018

Sehr geehrte Damen und Herren,
 
Zunächst vielen Dank für das Rederecht hier im Jugendhilfeausschuss Pankow.
 
Ich saß hier schon oft, um für die Akzeptanz und die Finanzierung von Projekten unseres Vereins zu kämpfen. Zwei der ursprünglich vier Projekte haben wir durch Entscheidungen dieses Gremiums bereits verloren, mussten wir schließen, abwickeln, weil kein Geld mehr oder zu wenig zur Verfügung gestellt wurde – zum Teil mit recht fadenscheinigen Gründen: so denKiezladen Pankow, weil keine Projekte mit Mietkosten mehr gefördert werden sollten (noch heute gibt es in Pankow mehrere Projekte in Mietobjekten) sowie dasSpielmobil Pankow unseres Vereins.
 
Verblieben sind die zwei pädagogisch betreuten Spielplätze, der AktivSpielPlatz Franz B., 1999 nach einem Interessenbekundungsverfahren im Rahmen städtebaulicher Entwicklung in die Trägerschaft übernommen und der KBH Pinke-Panke, eines der ersten Projekte für Kinder in der Wendezeit, der erste Kinderbauernhof im ehemaligen Ostteil der Stadt, entstanden auf dem ehemaligen Mauerstreifen, inzwischen eine beliebte Oase in der Stadt für naturnahes Spielen und Lernen.
 
Auch vor etwa 3 Jahren saß ich hier, um mich vor Ihnen für die Entscheidung des Abgeordnetenhauses, die Zuwendung für den Kinderbauernhof Pinke-Panke mit Landesmitteln aufzustocken, zu rechtfertigen.
 
Und um richtigzustellen, dass ich nicht – wie unterstellt - „hinter dem Rücken“ des Bezirkes Anträge gestellt hatte…
 
Damals hat der Bezirk als erste Konsequenz auf die Entscheidung des Abgeordnetenhauses seine eigenen Mittel zunächst sofort auf NULL gesetzt, um andere, ihm liebere Projekte zu stärken.
 
Damit aber war die Landesebene nicht einverstanden.
 
Nach einem zähen, fünfmonatigen Verhandlungsmarathon zwischen Senat und Bezirk kam es dann unter der Leitung der damaligen Stadträtin Frau Keil zu der Einigung, dass der Bezirk das Projekt Kinderbauernhof Pinke-Panke weiter mit mindestens 65.000 Euro anteilig für Personalkosten und Sachkosten in einerTEIL-Förderung behält, als Voraussetzung für die Aufstockungsfinanzierung durch das Land.
 
Diese Einigung wurde nun von Ihnen, dem Jugendhilfeausschuss, mit ihrer Entscheidung zur Kürzung aufgekündigt - die Konsequenzen sind noch nicht absehbar.
 
Deshalb bin ich heute wieder hier, um die Finanzierung des Kinderbauernhofes zu verteidigen unddie dringende Bitte an Sie alle heranzutragen, Ihre Entscheidung, den Kinderbauernhof Pinke-Panke um 40.000 Euro zu kürzen, zurückzunehmen.
 
Es ist ja nicht so, dass dem Bezirk für den Haushaltstitel „Zuwendung Freie Träger“ weniger Mittel zur Verfügung stehen, im Gegenteil – der Bezirk ist nach Aussage des Abgeordnetenhauses durch eine Aufstockung durchaus in die Lage versetzt worden, die Tarifangleichung umzusetzen.
 
Es ist eben nur die Frage, ob der Bezirk diese Erhöhung auch dafür nutzt … oder eben für anderes einsetzt.
 
Ich bin die Letzte, die nicht dafür ist, dass alle Freien Träger ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tarifgerecht bezahlen können.
 
Ich habe mich auch persönlich dafür immer stark gemacht –
 
Gleicher Lohn für Gleiche Arbeit, auch für Freie Träger!
 
Zu viele Jahre war das kein Thema und erst recht keine Selbstverständlichkeit.
 
Aber ich kann es nicht akzeptieren, dass das zu Lasten eines einzelnen Projektes, zu Lasten des Kinderbauernhofes Pinke-Panke geht, hier wieder einmal deutlich gekürzt wird - um andere Träger aufzustocken. Es ist ja nicht das erste Mal.
 
Leider sehen Sie hier in Ihrer für die Förderentscheidung vorliegenden Tabelle nur die Zahl, was der Kinderbauernhof als Förderung bekommt, nicht aber, was er dafür leistet, was der Bezirk, was vor allem die Kinder und Jugendlichen, die Familien und insbesondere die Menschen in besonderen Lebenslagen dafür bekommen:
 
  • ganzjährige und ganztägige Freizeit- und Bildungsangebote an 6 Tagen /Woche ohne Schließzeiten, auch an Wochenenden und an Feiertagen;

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  • einen außerschulischen, ökologischen Lernort,

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  • einen Ort für Familienarbeit,

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  • eine Einsatzstelle für Ausbildung und Praktikas, für Eingliederungs-maßnahmen im Rahmen von Teilhabe und Inklusion,

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  • eine Einsatzstelle für Maßnahmen der Jugendgerichtshilfe - Arbeit statt Strafe,

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  • einen Treffpunkt für Nachbarschafts- und Vernetzungsarbeit,

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  • einen beliebten, vielfältigen und besonderen Begegnungsort in der Großstadt

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    Die Punkte könnte ich noch ausführlicher darlegen, dies sprengt aber an dieser Stelle den Rahmen.
     
    Aber - genau deshalbist es eben nicht vertretbar, dem Kinderbauernhof Pinke-Panke pauschal sämtliche Honorar- und Vertretungsmittel sowie einen erheblichen Teil der Sachkosten zu streichen.
     
    Mit ihrer Entscheidung würden Sie u.a.
     
  • die Finanzierung der sehr beliebten Holzwerkstatt streichen, die seit fast 20 Jahren verlässlich jeden Samstag und Sonntag für Kinder und insbesondere Familien geöffnet ist und ein wichtiges Familienangebot für Kinder zusammen mit ihren Eltern ist …

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    Mit Ihrer Entscheidung würden Sie insbesondere
     
  • die Betreuung von Praktikantinnen und Praktikanten mit Beeinträchtigungen und Behinderungen streichen; dies trifft körperlich, geistig oder psychisch beeinträchtigte Schülerinnen und Schüler, die sich im Rahmen von Teilhabe und Inklusion einen „ganz normalen Praktikumsplatz“ wünschen und es so unendlich schwer haben, diesen zu finden. Doch diese Teilhabe braucht eine besondere, eine intensive, manchmal eine Eins-zu-Eins-Betreuung, die nebenbei und ohne die Unterstützung der dafür eingestellten Honorarkräfte nicht zu bewältigen ist. Gestrichen?

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    Mit Ihrer Entscheidung haben Sie dem Kinderbauernhof auch
     
  • die Betriebs- und sogenannten Mietnebenkosten gestrichen – also Mittel für Strom, Heizung, Wasser, Müll etc., denn im Gegensatz zu der Ihnen für die Förderentscheidung vorliegenden Tabelle, in der beim Kinderbauernhof in der entsprechenden Spalte 0,00 € steht und damit suggeriert wird, dass diese Kosten auch noch vom Bezirksamt übernommen werden, tragen wir diese Betriebskosten für Wasser, Strom, Heizung, Müllentsorgung, Reparaturen etc. im Rahmen des Zuwendungshaushaltes selbst.

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    Aber selbst das ist nicht ganz zutreffend: denn letztlich sind es diePersonalkosten, die Finanzierung der Personalstellen, die der Verein jetzt angreifen müsste, um zu versuchen, die Kürzung auszugleichen – denn bereits jetzt werden erhebliche Teile der Sachkosten und Honorarmittel von den ca. 50.000 Euro Eigenmitteln des Projektes gedeckt, die durch Spenden und Eigeneinnahmen akquiriert werden.
     
    Arbeitszeitreduzierung und damit wieder Verdienstreduzierung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter statt tarifgerechter Steigerung des Verdienstes …?
     
    Wollten Sie das? Oder Entlassungen?
     
    Damit andere Projekte in die Lage versetzt werden, tarifgerecht zu bezahlen und die Reduzierung ihrer Sachmittel und Angebotsstunden ausgleichen können - soll der Kinderbauernhof genau das tun - Personalstunden und damit Angebotsstunden abbauen und Sachkosten reduzieren. Was für ein Umgang mit bewährten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
     
    Es gilt als „unangemessen“ über andere Projekte zu reden, zu vergleichen. Es ist aber auch mehr als „unfair“, ein einzelnes Projekt ohne fachliche Gründe zu benachteiligen. Und fachliche Gründe gibt es für die Kürzung nicht. Darauf hat auch die Verwaltung hingewiesen.
     
    Gestatten Sie mir deshalb noch einen weiteren Hinweis zu Ihrer Entscheidung, einzelne Projekte zu bevorzugen, andere Projekte aber – inzwischen seit Jahren – gar nicht zu beachten.
     
    Mit der gleichen Begründung für die Aufstockung der ausgewählten Projekte hätten sie – wie andere Projekte auch noch – auch den ASP Franz B. auswählen müssen.
     
    Auch hier konnte nur durch Arbeitszeitreduzierungen, durch die Absenkung der 30-Stunden-Stellen auf 24- bzw. 26-Stunden-Stellen, die tarifgerechte Bezahlung vorgenommen werden – für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeutet das letztlich kaum einen Cent mehr im Portmonee…
     
    Durch die Kürzungen und Anpassungen in den letzten Jahren wurden dem ASP Franz B. die ursprünglich 110 Wochenarbeitsstunden auf 90 Wochenarbeitsstunden reduziert, das entspricht gerade noch einmal 2,2 Stellen …
     
    Das ist nur unwesentlich mehr als im Projekt OC 23, nur in einer anderen, vielleicht effizienteren Aufteilung. Wird der ASP Franz B. benachteiligt, weil es durch die Splittung der Stellen in der Spalte ‚Stellen‘ nach mehr Stellen aussieht? Haben Sie sich die dahinterstehenden Stundenzahlen angesehen und z.B. einen Stellenschlüssel ermittelt?
     
    Beim OC 23 wird der Bedarf einer Personalstellen-Aufstockung erkannt, im Übrigen schon zum zweiten Mal seit dem Zuschlag nach dem Interessenbekundungsverfahren für das Betreiben des ehemaligen HOF 23 vor vier Jahren. Da hatte sich der Träger eigentlich auf die gegebenen Konditionen eingelassen …
     
    Dem ASP Franz B. dagegen wurden die in der Ausschreibung ursprünglich zugesicherten Konditionen noch nie gewährt – von Anfang an wurde dort gekürzt, insgesamt zwei Stellen gestrichen
     
    Und das darf ich ungerecht und unfachlich finden.
     
    Für die Entscheidung zur Kürzung des Kinderbauernhofes gibt es keinerlei fachliche Gründe, sondern nur Ihre Aussage, dass mehr Geld für andere Projekte gebraucht wird … Das aber rechtfertigt die Reduzierung nicht.
     
    Im Zusammenhang mit oder in Vorbereitung dieser Entscheidung wurden verschiedene Gerüchte, z.T. auch über meine Person, verbreitet, die, soweit ich sie kenne, nicht zutreffen.
     
    Nein, wir haben die Tarifangleichung nicht doppelt „eingestrichen“, sondern jeweils anteilig – für den Stellenanteil der Senatsförderung und den Stellenanteil des Bezirkes. Die Berechnung dieser Aufteilung liegt der Verwaltung vor.
     
    Ebenso sind die Eigenmittel der Projekte des Vereins aufgezeigt und Bestandteil im Finanzierungs- und Haushaltsplan.
     
    Bei weiteren Fragen und für Erläuterungen bitte ich Sie, auf uns, auf mich zuzukommen. Bis zum heutigen Tag sind wir noch nicht an die Öffentlichkeit gegangen, weil wir an (noch) eine an eine Klärung und Korrektur glauben ….
     
    Wir hoffen noch sehr auf eine positive Entscheidung, auf eine Korrektur, auf die Rücknahme der Zuwendungskürzung auf einer fairen, fachlichen Ebene.
     
    Gern möchten und werden wir diese Information dann an die Mitglieder, Unterstützer und Helfer und vor allem aber an die Kinder und Eltern weitergeben.
     
    Vielen Dank! Annett Rose, Projektleiterin
     

     
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